Es sind definitiv alles andere als stromlinienförmige Songs anglo-amerikanischer Tradition, obwohl sie virtuos mit den Klangfarben und Texturen des Jazz und des Pop spielen. In vielfältiger, ja raffiniert pfiffiger Weise schließen sie an deutsche Liedtraditionen an, an populäre wie kunstliedhafte. Das dementsprechend auch in deutscher Sprache geschriebene Album wird daher nicht nur hervorragend in den Programmen phantasiebegabter Pop- und Jazzradio-Stationen klingen, sondern ganz besonders auch das Live-Publikum bezaubern – sei es in Jazzclubs oder auf Festivals. Denn Sängerin Sabine Seide ist durch und durch eine Bühnenpersöhnlichkeit. Mit stets angemessener Dramatik, opernhafter Grandezza und schauspielerischer Finesse vermag sie die großen, tiefen Gefühle auch zwischen den Stücken „darzustellen“, die ganz eminent die Essenz ihrer Lieder bilden.
Bei dieser „Inszenierung“ wird sie kongenial unterstützt durch ihren Pianisten und Ko-Komponisten Tino Derado und umschmeichelt von den gehauchten Trompeten-Tönen Sebastian Studnitzkys. Immer wieder blitzen dabei die äußerst fein justierten elektronischen Sounds von Boris Meinhold (Micatone) auf.
Es sind Lieder wie das hitverdächtige „Flug in den Mai“, das poetische „Traumländer“ oder aber das nur an der Oberfläche naiv-verspielte „Gelegentlich“, die den Zuhörer eintauchen lassen in die Welt des wilden roten Mohns, in das Spannungsfeld zwischen Entgrenzung und vorwärtsschreitender Rebellion, zwischen Verlöschen und Aufbruch. Als heimliche Schmuggelware im deutschen Programm findet sich zudem und als einziger Coversong der bekannte Lieblingsschlager „Volare“ aus dem Kanon der deutschen Italienliebhaber.
DER WILDE MOHN ist am 02.05.2014 auf dem Label „Contemplate“ erschienen, das SEIDE-Neumitglied und Trompeten-As Sebastian Studnitzky (Nils Landgren, Mezzoforte, Wolfgang Haffner, Triband ) mit Ulla C. Binder führt. Die neuen Stücke markieren einen Wendepunkt im schöpferischen Schaffen von Bandleaderin Sabine Seide, die nach dem letzten dunklen SEIDE-Album „Passion, Pain & Poetry“ nun ans heitere Licht des hellen, lichtdurchfluteten Tages strebt. In ihm spiegelt sich ihr Begehren, sich nicht klein, dumm und stumm und grau zu machen im Widerstreit mit den Zwängen und Normen der verwalteten und zynischen Welt.
Seien Sie also bitte nicht schüchtern und lassen Sie sich betören von SEIDE und ihrer Rezeptur des Wilden Mohns.
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